Für Kreditnehmer ist die Niedrigzins-Politik der EZB ein Segen. Das gilt
auch für den Staat. Für vorsichtige Sparer ist sie hingegen ein Fluch:
Wer auf verzinslichen Anlagen setzt und einen Bogen um Aktien macht,
verliert derzeit viel Geld.
Originaltext: http://www.n-tv.de/ratgeber/Niedrigzinsen-kosten-Sparer-190-Milliarden-Euro-article14867596.html
Die
Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kostet deutsche
Privathaushalte laut einer Studie Milliarden. Der deutsche Staat kann
sich hingegen über kräftige Einsparungen freuen. Nach einer am
Donnerstag veröffentlichten Analyse des genossenschaftlichen
Zentralinstituts DZ Bank sind deutschen Sparern in den vergangenen fünf Jahren Zinseinkünfte in Höhe von 190 Milliarden Euro durch die Lappen gegangen.
Der Einbruch dieser Einkünfte bei der Geldanlage zähle damit zu den gravierendsten Folgen der immer weiter sinkenden Zinsen,
erklärte DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier. Den Zinsverlusten
stünden zwar auch Einsparungen infolge geringerer Kreditzinsen im Wert
von 78 Milliarden Euro gegenüber. So können nicht nur Immobilien so
günstig finanziert werden wie nie. Unter dem Strich bleibe aber ein
erheblicher Verlust - von durchschnittlich 1366 Euro pro Bundesbürger.
Diese
Zahlen sind allerdings rein hypothetisch und bedeuten nicht, dass die
Menschen wirklich Vermögen verloren haben: Die Ökonomen vergleichen das
tatsächliche Zinsniveau mit einem unterstellten (höheren)
“Normalzinsniveau”, also einem langjährigen Durchschnittszins.
Aktien boomen, doch kaum einer besitzt welche.
Zudem
sind die Aktienkurse in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen -
unter anderem befeuert durch die Niedrigzinspolitik. Das Problem: Nur
wenige der traditionell eher vorsichtigen deutschen Anleger profitieren
davon, wie Bielmeier betont. “Lediglich rund zehn Prozent des gesamten
privaten Geldvermögens besteht hierzulande aus Aktien.” Das sei nicht
einmal die Hälfte des Anteils, den private Haushalte in anderen
europäischen Ländern halten. Nach der Studie waren vor allem die Jahre
2011 bis 2013 für Sparer problematisch. Denn seinerzeit fiel der
durchschnittliche Nominalzins aller verzinslichen Vermögensbestandteile
der Bürger unter die Inflationsrate: “Für letztes Jahr lässt sich
lediglich dank einer extrem niedrigen Inflationsrate ein leicht
positiver Realzins errechnen”, betonten die Experten.
Um
das angestrebte Niveau bei der Vermögensbildung halten zu können,
müssen die privaten Haushalte einen immer größeren Teil ihres Einkommens
auf die hohe Kante legen, betont DZ-Bank-Experte Michael Stappel. Die
Ökonomen erwarten, dass sich die Entwicklung im laufenden Jahr
fortsetzten oder sogar noch verstärken wird: “Je länger die
Niedrigzinsphase dauert, desto stärker schlägt das auf die
Durchschnittsverzinsung des Geldvermögens durch.” Generell gilt:
Netto-Schuldner, allen voran der Staat, aber auch Unternehmen und
Privatleute, profitieren von den Mini-Zinsen. Das Kieler Institut für
Weltwirtschaft (IfW) hat ausgerechnet, dass der deutsche Finanzminister
bis ins Jahr 2030 auf Zinseinsparungen von 160 Milliarden Euro zählen
kann.
Allein 2015 wird der Bund demnach im Vergleich zu
langjährigen Durchschnitts-Zinssätzen weitere 20 Milliarden Euro an
Kreditzinsen sparen. Zum Teil verdient der Staat sogar Geld mit der
Schuldenaufnahme, weil Anleger mittlerweile bereit sind, eine Gebühr in
Form von Negativzinsen zu zahlen.
IfW-Experte Jens Boysen-Hogrefe
rechnet mit einem Anstieg des Zinsniveaus erst ab etwa 2017. “Dabei ist
es wahrscheinlich, dass gerade dann die Zinslast deutlich steigen wird,
wenn zeitgleich die Demografie die öffentlichen Haushalte stark belasten
dürfte.” Die aktuell sehr gute Lage dürfe daher nicht darüber hinweg
täuschen, dass mittel- bis langfristig spürbare Haushaltsrisiken
bestünden.
Quelle: n-tv.de , Harald Schmidt, Bernhard Funck, dpa
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